Gorillas fotografieren in Ruanda

Ende Juli 2025 durfte ich für ein Magazin nach Ruanda fliegen, um dort die wilden Berggorillas im Dschungel von Ruanda zu fotografieren. 

Berühmt wurden diese Gorillas durch die Forscherin Dian Fossey, deren Arbeit und Erforschung der Gorillas auch von Hollywood im Film "Gorillas im Nebel" (Original: "Gorillas in the Mist") mit Schauspielerin Sigourney Weaver aus dem Jahr 1988 sehr erfolgreich verfilmt wurde.

 

Frei lebende Gorillas kann man weltweit nur noch an weniger als einer Handvoll Orte erleben, nämlich in Ruanda, Uganda und im Kongo. Letzteren möchte man aufgrund der mehr als angespannten Situation vor Ort allerdings eher nicht frequentieren. 


Die politische und gesellschaftliche Situation in Ruanda hingegen ist momentan sehr, sehr friedlich. Das Land gilt als Vorzeige-Entwurf für Entwicklung und Aufstieg auf dem afrikanischen Kontinent.

 

Dies grenzt, wenn man sich mit der jüngeren Vergangenheit Ruandas beschäftigt, an ein Wunder. Denn kaum mehr als dreißig Jahre ist es her, dass in dem Land ein unbeschreiblich grausamer Genozid mehr als 800.000 Menschen das Leben kostete. Von so einem Irrsinn den Sprung zu schaffen zu dem, was ich vor Ort in Ruanda an Offenheit, Friedlichkeit und Modernisierung erlebt habe, scheint kaum vorstellbar - und ist doch Realität. 

Wie kommt man zu den Gorillas?

Die Berggorilla-Familien bewegen sich völlig frei. Sehr früh am Morgen ziehen erfahrene Tracker, also Fährtenleser, los, um auszukundschaften, wo sich die Tiere gerade aufhalten. Sind sie fündig geworden, geben sie den Standort an Guides weiter, mit denen man dann den Aufstieg in den Dschungel und zu den Gorillas antritt. So ein Aufstieg kann zwischen einer und vier Stunden dauern, je nach Aufenthaltsort der Gorillas.

Welches Equipment hatte ich für die Gorilla-Fotos dabei?

Zu den Gorillas selbst ist die Mitnahme von Taschen, Rucksäcken oder Stativen nicht gestattet. Man bewegt sich zu den Tieren durch dichten Urwald, jede Tasche oder Rucksack birgt das Risiko, hängen zu bleiben und zu fallen, und damit sowohl sich selbst zu verletzen, als auch die Tiere zu erschrecken und unnötig auf die menschlichen Eindringlinge aufmerksam zu machen.

Erlaubt ist das, was man eng am Körper tragen kann. Ich hatte meine Canon 5D Mark IV mit einer 200mm Festbrennweite in der Hand dabei. Zudem habe ich mir als Alternative noch ein 24-75mm Zoom-Objektiv in die Hosentasche meiner Safari-Hose gestopft. Spoiler: Dieses Objektiv habe ich nie aus der Hosentasche geholt. Sämtliche Fotos sind mit der 200mm Festbrennweite entstanden.



Wie viel Abstand hat man zu den Gorillas?

Der vorgeschriebene Mindestabstand zu den Gorillas beträgt sieben Meter. Diese Info hatte ich bereits vorab, weshalb ich mich für die oben erwähnte 200mm-Festbrennweite als Hauptlinse für meine Kamera entschieden habe.

 

An dieser Stelle möchte ich allerdings auch erwähnen, dass man sich mit den Gorillas ja nicht auf einem Plateau mit unbegrenztem Platz befindet, sondern mitten im Dschungel. Auf unebenem Terrain, eingeklemmt zwischen allerlei Bäumen und Pflanzen. Und die Gorillas bewegen sich selbstverständlich auch ganz nach Belieben.

 

Gelegentlich betrug unser Abstand deshalb ganz sicher weniger als sieben Meter - sehr zur Freude meiner Kamera, aber man hat dann doch auch einen gehörigen Respekt davor, wenn sich die durchaus groß gewachsenen Gorillas mit nahezu lautloser Geschmeidigkeit durch den Urwald und in direkter Richtung auf einen zu bewegen.

Die FFP2-Maske, die ich auf diesem Foto trage, dient übrigens nicht dazu, uns Menschen zu schützen - sondern die Gorillas vor von uns eingeschleppten Keimen. Die Masken sind obligatorisch für den Aufenthalt bei den Gorillas.


Gorilla-Nachwuchs

Gorilla-Weibchen werden im Schnitt nur alle vier Jahre trächtig. Es war also nicht selbstverständlich, für mein Fotoshooting auch ein Gorilla-Baby vor die Linse zu bekommen - aber ich hatte Glück, und die Gorilla-Familie, die ich fotografieren durfte, hatte tatsächlich gerade Nachwuchs. Das Gorilla-Junge war durchgehend in enger Begleitung seiner Mutter unterwegs. Ein Foto oben zeigt es, wie es sich auf dem Rücken seiner Mutter durch den Urwald tragen lässt. Im zweiten Foto wirkt es zwar, als sei das Kleine alleine beim Fressen; wer allerdings genau hinschaut, entdeckt schnell das Fell der Mutter am linken Bildrand, die sich nie weit von ihrem Nachwuchs entfernt hat.

Charakter und Verhalten

Das Großartigste und zugleich vielleicht Verstörendste an den Gorillas ist, wie "menschlich" sie in vielen Dingen wirken. Sie sehen absolut unterschiedlich aus; in ihrer Mimik spiegelt sich ihr Gemütszustand wie in einem Spiegel, und wenn sie mich aus ihren unseren gar so verwandten Augen hin und wieder direkt angeschaut haben, war das ein unbeschreibliches Gefühl. Die Tracker, die mich während des Shootings begleitet haben, waren mit dieser speziellen Gorilla-Familie sehr vertraut und haben mir viel über die verschiedenen Charaktere und Angewohnheiten erzählt. Besonders aufpassen musste man auf "Troublemaker", ein junges Gorilla-Männchen, das seinem Namen alle Ehre macht. Während meiner Zeit mit der Familie balgte "Troublemaker" sich mit mehreren anderen, offensichtlich unterlegenen Gorillas - und warf mir in einem irgendwie unwirklichen Moment, in dem er mich kurz bemerkte, einen Blick zu, der Jack Nicholson in "The Shining" wie ein braves Lamm erscheinen lässt. Natürlich drückte ich auf den Auslöser, wie ihr im Bild unten sehen könnt. 


Insgesamt waren die Gorillas sehr mit sich selbst beschäftigt, und es gab keinerlei Anzeichen, dass wir sie mit unserem Besuch in ihrem normalen Verhalten und Tagesablauf stören. Meine Zeit mit ihnen war auf exakt eine Stunde begrenzt, und es durften an diesem Tag auch keine weiteren Menschen zu ihnen kommen. Man ist vor Ort erkennbar um das Wohl der Tiere besorgt und setzt harte Grenzen für den Umgang und die Begegnung. Gottseidank.

Was nehme ich mit?

Ich muss zugeben: Vor Ort war ich total überwältigt von der Situation. Der lange Aufstieg durch den Dschungel. Der Moment, in dem ich den ersten Gorilla wenige Meter vor mir im Unterholz sah. Die Hitze, die Enge, die unberechenbaren Bewegungen der Tiere. Und überall dieses krasse, harte Grün des Urwalds. Kurz nach dem Abstieg, wieder fort von den Gorillas, dachte ich: Naja, die Fotos werden irgendwie rettbar sein, aber toll sind sie bestimmt nicht.

 

Diese Einschätzung musste ich revidieren, kaum dass ich die Bilder in groß auf meinem Laptop gesehen hatte. Irgendwie hatte mein Instinkt die Führung und die Arbeit übernommen, da oben im Dschungel. Bei vielen Motiven kann ich mich bis heute nicht einmal daran erinnern, sie überhaupt geschossen zu haben. Aber sie sind da. 

 

Was bleibt, neben den Fotos, ist das unbeschreibliche Gefühl, das mich überkommt, wann immer ich an diese Begegnung mit den Gorillas zurückdenke. Auf die häufig gestellte Interview-Frage, welches eigentlich mein tollstes Shooting jemals war, hatte ich bisher nie eine Antwort. Jetzt habe ich eine: Dieses.

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